Es gibt Momente der Stille, die nicht sofort schmerzen. Sie breiten sich sanft aus, wie ein Nebel, der sich fast unbemerkt einschleicht. Zuerst reden wir uns ein, es sei eben das Leben, alle seien beschäftigt, die Kinder hätten ihren eigenen Rhythmus gefunden, ihre Verpflichtungen, ihre Verantwortlichkeiten. Doch dann, eines Tages, merken wir, dass das Haus seit Monaten kein Lachen mehr gehört hat, dass Anrufe auf ein paar kurze Nachrichten beschränkt sind und dass Familientreffen sich eher wie Zwischenstopps als wie echte Wiedersehen anfühlen.
Dieses Phänomen ist jedoch nicht auf mangelnde Liebe zurückzuführen. Es resultiert oft aus einer Anhäufung kleiner Missverständnisse, zu schnell gesprochener Worte oder gut gemeinter, aber als aufdringlich empfundener Fragen. Die Eltern-Kind-Beziehung entwickelt sich, und manchmal entsteht dabei eine Distanz, die nie beabsichtigt war.
Wenn die Liebe ihre Form ändert

Grenzen als Brücke zwischen den Generationen
In diesem Kontext sind Grenzen keine Mauer, sondern eine Brücke. Wenn ein erwachsenes Kind sagt: „Ich möchte lieber nicht darüber reden“ oder „Wir handhaben das mit unseren Kindern anders“, will es niemanden provozieren; es schafft einen Rahmen, um die Beziehung zu bewahren. Werden diese Grenzen jedoch mit Reaktionen wie „Du übertreibst“ oder „Ich habe das Recht zu sagen, was ich will“ beantwortet, lautet die implizite Botschaft: Deine Gefühle zählen weniger als meine, und die Beziehung gerät unter Druck. Diese Grenzen zu respektieren schafft keine Distanz; im Gegenteil, es ist einer der sichersten Wege, eine ausgeglichene und dauerhafte Beziehung zu führen.
